Baños

Nachdem wir uns vom Cotopaxi erholt hatten, ging es mit dem Bus über die Anden weiter nach Baños. 
Wir kamen am späten Nachmittag dort an und fuhren zu der Pension, die wir uns über Tripadvisor ausgesucht hatten. Es war ein wahrer Traum. Baños liegt in einem Tal, umgeben von Bergen. Direkt hinter unserer Pension erhob sich der aktive Vulkan Tungurahua mit seinen 5.016 m und ein Wasserfall, der in die heißen Thermen am Fuss des Vulkans mündete.

Am Tor erwarteten uns Aase und Ove, die dänischen Besitzer unserer Pension „Magic Stone“, zusammen mit Mulle, unserem Lieblingshund dort. Es gab noch zwei andere Hunde und zwei Papageien. Aase und Ove sind zwei ganz wundervolle Menschen, die uns gleich das Gefühl gaben, in Banos zu Hause zu sein. Unser „Zimmer“ war in Wahrheit ein eigenes kleines Haus, im dänischen Stil erbaut und eingerichtet. Alles was wir in den letzten Wochen und Monaten so sehr vermisst hatten, fanden wir hier – eine Toilette, in die man das Toilettenpapier werfen konnte, eine heiße Dusche, ein geräumiges, sauberes Bad mit Ablageflächen und Haken, ein riesiges und gemütliches Bett unten und ein zweites oben. Wir waren überwältigt. Zum Frühstück konnten wir Vollkornbrot bestellen und es war auch wirklich welches. Ove backte es selbst, genauso wie er die Marmelade selbst machte – mit Rhababer! Es sind so einfache, kleine Dinge, die mir hier jeden Tag fehlen und über die ich mich so sehr freute. Das Frühstück vermisse ich noch heute. Das Grundstück war ein kleines Paradies aus Pflanzen und Kieswegen. Alles strahlte eine Freundlichkeit und Ruhe aus, die wir jeden Tag genossen.

unser „Zimmer“

Aase und Ove

Jeden Morgen frühstückten wir in dem Wohnzimmer von Aase und Ove, das gut aus einer Einrichtungszeitschrift hätte sein können. Es hatte einen großen Kamin, eine offene Küche und einen Blick über ganz Banos bis in die Berge. Oft frühstückten wir über eine Stunde und unterhielten uns lange mit Ove, der viel gereist war in seinem Leben. Er hatte die Schule vorzeitig beendet und viele verschiedene Berufe erlernt. Er war Klemptner, Elektriker, Maler, hatte 15 Jahre als Lehrer gearbeitet, eine Farm betrieben und drei Häuser gebaut. Er fuhr Rennrad und arbeitete in vielen Sozialprojekten, seit einigen Jahren leben sie in Ecuador – ein Leben, um ein Buch zu füllen. Das Hotel wollen die beiden Ende des Jahres wieder aufgeben, es ist bereits verkauft. Sie werden ein weiteres Grundstück in Banos kaufen, noch ein Haus bauen und so ihre Tochter unterstützen, die hier eine Farm für hilfsbedürftige Tiere gegründet und ein ecuadorianisches Kind adoptiert hat. Aase und Ove selbst werden wieder auf Reisen gehen und sich dann endgültig zur Ruhe setzen – vielleicht…

Es sind die Begegnungen mit Menschen wie ihnen, die das Reisen ausmachen.

Aase und Ove’s Wohnzimmer

Baños selbst gefiel uns sehr gut. Nach einem erholsamen Regentag, an dem wir nichts anderes taten, als uns eine Massage zu gönnen, zu lesen und Blog zu schreiben, unternahmen wir an unserem zweiten Tag in Baños eine Radtour zu dem Wasserfällen – la ruta de las cascadas. Es war wunderschön! Einige Stunden fuhren wir durch die Anden-Berglandschaft vorbei an 4 Wasserfällen, über Brücken und durch Tunnel bis wir an den Wasserfall „El Pailon del diablo“ kamen. Man kriecht durch manchmal nur fünfzig Zentimeter hohe Felsspalten, um direkt unter den tosenden, gewaltigen Wasserfall zu gelangen.

der Weg durch die Felsspalten

Um im Wasserfall nicht vollkommen nass zu werden, entschied ich mich, nur die Regenjacke anzuziehen und mich der dicken Kordhose zu entledigen. Ich hatte es gerade getan, da kam eine ganze Schulklasse durch die Felsen gekrochen… Was sollte ich tun – ich ging trotzdem so wie ich war in den Wasserfall und genoss meine eiskalte Dusche. Die Kinder fanden es lustig.

auf dem Weg in den Wasserfall

Wir machten an diesem Tag einige Bekanntschaften, trafen einen jungen Mann aus Kolumbien und eine ganze Gruppe von Freunden aus Argentinien. Mit einigen habe ich noch heute Kontakt.

Unser Weg zurück war so abenteuerlich wie der Wasserfall selbst. Wir fuhren zu acht auf der Ladefläche eines LKW’s, die Fahrrädern übereinander geworfen und notdürftig mit einem Seil befestigt. In Deutschland hätte weder der LKW einen TÜV bekommen, noch wäre es unter irgendwelchen Umständen erlaubt, Personen auf der Ladefläche zu transportieren – geschweige denn  zusammen mit all den Fahrrädern. Von deutschen Gemüt geprägt war uns denn anfangs auch nicht ganz wohl bei dieser Fahrt – aber den Sicherheitswahn einmal überwunden, hat es einen Mordsspaß gemacht!

An unserem dritten Tag in Banos brachen wir um neun Uhr mit dem Jeep und zwei Schlauchbooten zu dem Fluss „Pastaza“ auf, um dort zu raften. Es hatte geregnet und der Fluss war gut mit Wasser gefüllt. Der Tag aber war wunderschön, sonnig und warm und wir freuten uns auf zwei Stunden Spaß pur! Etwas mulmig war uns, denn man hatte uns gesagt, dass es Schwierigkeitsstufe 4 bis 4 plus sein würde und es gab doch nur 6 Grade… Einmal im Wasser konnten wir aber gar nicht genug bekommen von den Stromschnellen des Amazonas-Nebenflusses. Aus den Anden fuhren wir in eine Dschungellandschaft. Wir waren zusammen mit zwei Holländern in einem Boot und das Team „Europa“. Das andere Boot war Team „Südamerika“. Ich brauche natürlich nicht zu erwähnen, wer besser im Gleichschlag paddeln konnte. ;o)

Wir hatten jeder einen Guide im Boot, der die Kommandos gab und uns durch die Stromschnellen lenkte. Wir hatten soviel Spaß wie schon lange nicht mehr! Es gab ein Rennen durch die „Waschmaschine“ und Team Europa gewann haushoch. Der Preis war offensichtlich ein sogenannter „Flip“, ein gewolltes Umkippen des ganzen Bootes. Wir hatten das im Trockenen erklärt bekommen und da wir die besseren Rafter waren, erkoren die Guides unser Boot aus, um uns zum Kentern zu bringen. Wir hatten die Blicke der Jungs gesehen und versuchten alles in unerer Macht stehende zu tun,  um den Flip zu verhindern. Das erste Mal klappte es auch. Aber in der nächsten ordentlichen Stromschnelle lenkte unser Guide das Boot quer zu den Wellen und wir konnten nichts mehr tun – wir flippten… Als ordentliche Europäer hatten wir den Instruktionen zugehört und machten, was uns gesagt wurde. Wir blieben beim Boot, hielten uns daran fest und behielten unser Paddel in der Hand. Nur unseren Guide hatte es weit abgetrieben. Letztendlich kletterten wir zu den anderen in das Boot oder auf unser noch immer verkehrt herum im Wasser treibendes Boot. Unser Guide brauchte eine ganze Weile, bis er wieder bei uns war, das Boot gedreht und seine verlorenen Schuhe aus dem Wasser gefischt hatte. Ich würde es definitiv jederzeit wieder tun!

Am nächsten Tag verließen wir Banos und fuhren mit dem Bus sieben Stunden weiter durch die Anden nach Montañita.

Während Mutti während der ganzen sieben Stunden völlig begeistert von den Anden Fotos machte, nutzte ich die Zeit im Bus zum Schlafen. Für mich war es eine von vielen Fahrten durch die zugegeben wunderschöne Andenlandschaft. Der Zauber des ersten Mals hatte sich aber schon gelegt und so dachte ich lächelnd daran, dass ich all diese Fotos der nebelverhangenen Berge auch wieder aussortieren musste – und schlief weiter.

Heute gibt es in meinem Ordner „Ecuador“ einen Unterordner „Fahrt nach Montañita“ mit vielen gleich aussehenden Bildern. Aber noch immer muss ich schmunzeln, wenn ich die vielen Fotos von Straße im Nebel sehe – und schon allein das ist es wert sie zu behalten.

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